Öffentlichkeit oder Öffentlichkeiten? – Serie: Zum „Leviathan“-Sonderband 37 „Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit?“ (Teil 2/3)

0
768
"Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit? Sonderband Leviathan" herausgegeben von Dr. Martin Seeliger und Dr. Sebastian Sevignani. © Nomos

Berlin, Deutschland (Salon Philosophique). Öffentlichkeit – das ist der zweite zentrale Begriff des Sonderbandes. Habermas stellte bereits vor 60 Jahren fest, dass dieser Begriff in mannigfaltigen Bedeutungen gebraucht wird. Die Lektüre der vorliegenden Essays lässt nur den Schluss zu, dass sich daran bis auf den heutigen Tag nichts geändert hat.

Im Gegenteil; angesichts der divergierenden Bedeutungen lässt sich geradezu von einer Begriffsinflation sprechen. Neben vielen anderen ist etwa die Rede von repräsentativen, polyzentrischen, ideologischen, transnationalen oder symbolischen Öffentlichkeiten – wahlweise wird das Wort im Singular oder Plural gebraucht – bis hin zur „Überlappung der Teilöffentlichkeiten“.

Habermas hat 1992 in seiner rechtsphilosophischen Schrift „Faktizität und Geltung“ darauf hingewiesen, dass die kommunikative Funktion der (Umgangs)Sprache trotz Ausdifferenzierung der Öffentlichkeiten eine Verständigung ermöglicht.

Die Verwendung des Begriffs der Öffentlichkeit sowohl im Singular als auch im Plural birgt ein Problem, da dies den wissenschaftlichen Status des Begriffs im Unklaren lässt. Die Frage danach, was denn nun gilt: Öffentlichkeit oder Öffentlichkeiten?, ist keineswegs müßig. Für die Diagnose des Verhältnisses von Demokratie und Öffentlichkeit(en) ist der Unterschied entscheidend: Der Begriff der Öffentlichkeit erfordert gegenüber dem der Öffentlichkeiten ein höheres Abstraktionsniveau, also für demokratietheoretische Konzeptionen ein anderes Organisations- und Partizipationsmodell.

Bibliographische Angaben

Dr. Martin Seeliger und Dr. Sebastian Sevignani, „Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit?, Sonderband 37 der Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaften Leviathan, 498 Seiten, Verlag: Nomos, Baden Baden, 2021, ISBN: 978-3-7489-1218-7, Preis: 99 Euro