Dr. Viktor Horatczuk schickte uns diesen informativen Artikel zur Veröffentlichung
Wien, Österreich(Salon Philosophique) Die Welt der Equiden ist vielschichtig, regional sehr unterschiedlich und schwer vergleichbar, für die meisten in diesem Bereich engagierten Menschen aber jedenfalls emotional aufwühlend. Generell lassen sich folgende Trends ausmachen: Reduktion des weltweiten Bestandes und der Pferderassen, Initiativen zum Erhalt alter Pferderassen, Verbesserung der Lebensbedingungen durch höhere veterinärmedizinische Standards, Verfestigung des Tierschutzgedankens, vermehrte Wissenschaftlichkeit in Zucht und Reitausbildung, besonderes Bemühen zum Verständnis von Psyche und Befindlichkeitsäußerungen der Pferde, Anwachsen der wirtschaftlichen Bedeutung des Reitsports und damit einhergehend zunehmende Kommerzialisierung der Sport- und Zuchtindustrie. Letzterer Aspekt führt leider wieder vermehrt zur Ausbeutung der betroffenen Tiere. Mit Ausnahme der Funktionäre und Mitarbeiter des internationalen Reitsportverbandes in Lausanne, International Fédération for Équestrian Sports (FEI), sowie einiger Spezialisten bleiben jedoch die Kenntnisse der Entwicklungen von Züchtung, Reitsport und Nutzung als Arbeitstiere von Equiden meist kleinräumig und auf die lokalen Eigenheiten beschränkt. Eine kurze Darstellung zur Lage und Entwicklung des Pferdewesens in den verschiedenen Bereichen der Welt mag daher nicht nur interessant sondern als Grundlage zur Einordnung der eigenen Bemühungen auch nützlich sein.
Als Kriterien, an denen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede weltweiter Trends ausmachen lassen, scheinen mir Umfang der Population und Rassenvielfalt, vorherrschende Verwendung der Pferde, Weiterführung von Traditionen und Reitstilen sowie die wirtschaftliche Bedeutung von Zucht und Sport zweckmäßig. Die Auseinandersetzung mit diesen Kriterien führte mich zu sieben reiterlichen Großräumen (in der Reihenfolge der sportlichen und wirtschaftlichen Bedeutung): Europa – im Wesentlichen in den Grenzen der Europäischen Union; Nordamerika, Australien und Südafrika; Südamerika; Nordafrika und vorderer Orient; Asien; Russland; übriges Afrika.
Unabhängig davon folgt jedoch diese Darstellung regionaler Eigenheiten der Struktur der Liste der Regionalgruppen der FEI, fasst aber die Gruppen I und II sowie die Gruppen IV und V zusammen:
Eine auf fünf Räume reduzierte wirtschaftlich relevante Einteilung findet sich im Global Horse Riding Apparel Market Research Report, die zwischen Nordamerika, Europa, pazifisches Asien, Südamerika und Afrika einschließlich des mittleren Ostens unterscheidet. Nach dieser Ausarbeitung sind die Wachstumschancen der Reitindustrie generell vielversprechend positiv.
Insgesamt sind die Tendenzen für Pferde und Reiter weltweit äußerst erfreulich. Die Grausamkeiten aufgrund der berittenen Heere und der Kriege so wie das Elend der Pferde in den Großstädten des 19. und 20. Jahrhunderts sind vorüber, in der Landwirtschaft und als Fleischlieferant spielt das Pferd eine geringe Rolle. Der weltweite Rückgang der Armut und das Anwachsen einer Mittelschicht, der sowohl Geld als auch Zeit für aufwändigere Vergnügungen zur Verfügung steht, lässt die Freude am Reiten weltweit anwachsen. Seit 1921 ist die Anzahl der Nationalverbände der FEI kontinuierlich von acht auf derzeit 134 gestiegen. Dramatische, positive Veränderungen im Veterinärwesen und im Tierschutz verbessern die generelle Lebensqualität von Pferden. Als aktuelle globale Tendenz lässt sich der Versuch erkennen, gefährdete Pferderassen zu erhalten: zum Beispiel Kaltblutpferde im deutschsprachigen Raum, Maremma in Italien, Don-Pferde in Russland, Tarpan in Polen (als Nachzüchtung), Takhi in der Mongolei, Achal-Tekkiner in China, Tokara-Ponys in Japan. Ein besonderes Verdienst fällt hierbei auch der Vereinigung „Pferde der Erde e. V.“ zu, der Internationalen Gesellschaft zum Schutz und Erhalt der seltenen und gefährdeten Pferderassen. Diesen positiven Trends stehen jedoch als negative Tendenzen die Kommerzialisierung und damit Verflachung klassischer Reitkunst als auch der Missbrauch des Pferdes als kurzfristig realisierbares Investitionsgut entgegen, wobei durch rüde Trainingsmethoden und verfrühten Wettkampfeinsatz auf Kosten der Gesundheit der Pferde Wettkampfgelder gewonnen werden sollen.
Reisebüros bieten rund um den Globus Reitferien an, sodass eine optimale Verbindung zum Kennenlernen von Land und Leuten mit dem eigenen Hobby problemlos möglich ist. Ein umfangreiches Verzeichnis bietet zum Beispiel ride77.com oder Reiten-weltweit.de über das Internet.
Die weltweite Anzahl der Pferde könnte von etwa 83 Millionen nach dem II. Weltkrieg auf derzeit etwa 60 Millionen gesunken sein, mit weiter fallender Tendenz. Aktuell lassen sich etwa 550 Pferderassen unterscheiden, davon dürfte ca. 20% in ihrem Bestand gefährdet sein. Die höchste Anzahl an Pferden lebt in China, gefolgt von den USA, Russland, Brasilien und Argentinien sowie der Mongolei. Die zahlenmäßigen Angaben stammen im Wesentlichen von den FAOSTAT und DAD-IS Datenbanken der Vereinten Nationen. Sie sind jedoch mit äußerster Vorsicht zu beurteilen, da valide statistische Daten fehlen und Schätzungen diverser Autoren sehr schwanken. Es gibt auch noch einige Gruppen verwilderter Pferde: Mustangs in Nordamerika, Pferde im Donau Delta und auf Kefalonia in Griechenland, Namibs in der Wüste von Namibia, Brumbys in Australien oder die Sable- Island-Ponys. Interessant wird die Entwicklung der aus Zoos in der Mongolei wieder ausgesetzten Przewalski-Pferden sein, der einzigen Wildpferderasse, die es auf der Welt noch gibt.
Gruppen I und II: Europa ist die unangefochtene Hochburg von Reitsport und Pferdezucht
Die imperialen Traditionen und die Ausbildung der Kavallerie in den Massenheeren vom 18. zum 19. Jahrhundert waren die Voraussetzung für Reitsport und Pferdezucht als eine der kulturellen Identitäten Europas. Mit über 30 Staatsgestüten wird eine Mitte des 18. Jahrhunderts begonnene Zuchttradition fortgesetzt.
Gemäß European Horse Network gibt es in der Europäischen Union ca.7 Mio Pferde, diese beschäftigen 700 000 Personen (400 000 Vollzeitäquivalente), wodurch etwa 100 Mrd Euro umgesetzt werden. Es werden dafür 6 Mio ha oder 600 km² Agrarfläche bewirtschaftet.
Die bekanntesten und reitsportlich wichtigsten europäischen Pferderassen sind das Deutsche und Englische Warmblut und der Selle Français in Frankreich. Österreich ist für seine Haflinger berühmt, die Schweiz für den Freiberger. Eine Besonderheit sind bedeutende Arabergestüte in Polen.
Die herausragende Pferdenation in Europa ist Deutschland mit etwa einer Mio Pferde, 900 000 Pferdebesitzern, fast 4 Mio Reitern und 6,7 Mrd Euro Jahresumsatz, womit ca. 0,2 % des Bruttonationalprodukts erwirtschaftet werden. Göttingen bietet ein Masterstudium der Pferdewissenschaft. Zwei Dutzend einschlägiger Periodika werden angeboten. Aus der deutschen Pferdezucht kommen etwa 1/3 aller olympischen Turnierpferde weltweit und sie stellt 1/3 der Sieger internationaler Wettkämpfe. Eine Erfolgsgeschichte ist auch die Initiierung der Weltmeisterschaft der Jungzüchter. In Essen findet jährlich die größte Pferdemesse der Welt, in Hannover mit der „Pferd & Jagd“ die größte Pferdemesse Europas statt.
Die bis heute bestehende Reittradition der klassischen, der iberischen und der Barockreiterei im südlichen Europa sowie des „Englischen Reitens“ im nördlichen Europa ist tonangebend für alle Reitschulen weltweit. Basierend auf der klassischen und der “englischen“ Reitausbildung wird Dressur, Springen, Vielseitigkeit, Distanz, Westernreiten, neben Voltigieren und Fahren besonders gepflegt. Es überrascht daher nicht, dass in Europa die meisten internationalen Turniere veranstaltet werden. Danach haben Galopp- und Trabrennen einschließlich des damit verbundenen Wettens einen bedeutenden Stellenwert. Die berühmtesten Galopprennen finden sich in Großbritannien, insbesondere dem Royal Ascot, gefolgt vom Prix de l’Arc de Triomphe in Longchump, Frankreich, dem Kentucky Derby in Lousville sowie dem Breeders-Cup in den USA, dem Dubai World Cup und dem Melbourne Cup in Australien. Weltweit bedeutende Rennen werden in Baden- Baden, Deutschland, ausgetragen. Als Curiosum gilt das Palio di Siena in Italien, das Schneerennen (Skijöring) in St. Moritz in der Schweiz und in Skandinavien. Großbritannien ist führend bei Hindernisrennen, auch wenn das Große Pardubicer Steeplechase in Tschechien als das berühmteste dieser Rennen gilt. Während sich der Galopprennsport weltweiter Beliebtheit erfreut, sind Trabrennen hauptsächlich in den USA und Europa populär, hier mit der zusätzlichen Besonderheit des Traberreitens. Die besten Traber kommen aus den USA und aus Frankreich.
Bedeutende klassische Reitausbildungszentren sind in Frankreich die Cadre Noir in Saumur (seit 2011 gehört die französische Reittradition zum geistigen Weltkulturerbe), in Spanien die Königlich-Andalusische Reitschule in Jerez de la Frontera, in Portugal die Eskola Portuguesa de Arte Equestre in Lissabon, in Österreich die Spanische Hofreitschule in Wien sowie in Deutschland die Fürstliche Hofreitschule Bückeburg.
Die jedoch überwiegend gelehrte Reitweise ist die „englische“, die sich aus dem militärischen Reiten des 19. Jahrhunderts herleitet und durch Anlehnung an das Pferdemaul, durch mitatmende Schenkel und durch Gewichtshilfen gekennzeichnet ist. Ihre theoretische Grundlage findet sich in den Erörterungen des Italieners Frederico Caprillis „Principi di Equitazione di Compagna“ aus 1901. Für sie ist auch der leichte englische Sattel kennzeichnend. Aufgrund der deutschen Erfolge im Turniersport kommt gegenwärtig der deutschen Reitlehre gemäß der deutschen Reiterlichen Vereinigung, die auf der Heeresdienstvorschrift Nummer 12 aus 1937 beruht, international besondere Bedeutung zu. Gemeinsam mit der modernen englischen und italienischen Reittradition wird sie durch die International Group for Equestrian Qualifications weltweit vermittelt.
Bedeutende Ausbildungsstätten sind in Deutschland das Bundesleistungszentrum der deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf, in Österreich das Pferdezentrum Stadl Paura. Aber es weist auch die Schweiz zum Beispiel mit dem Nationalen Pferdezentrum in Bern und dem Nationalen Reitsportzentrum in Avenches international renommierte Institute auf.
Ein wichtiger Trend ist die Kultivierung eines gewaltfreien Umgangs mit Pferden. Spätestens seit dem Film „Der Pferdeflüsterer“ mit Robert Redford aus dem Jahre 1998 gibt es eine umfangreiche Literatur zur Psyche und Befindlichkeit von Pferden. Unter anderem wird dieser Trend gestützt durch Persönlichkeiten wie Monty Roberts, Andrea Kutsch, Fred Rai oder Alexander Nevzorov.
Als Besonderheit des Springreitens hat sich in Deutschland die Hunterprüfung, eine Abart des anglo-amerikanischen Pendants, entwickelt, bei der die Beurteilung der Sprung- und der Stilsprungprüfung kombiniert werden. Exklusives Zentrum der Vielseitigkeitsreiterei ist Badminton in Großbritannien. Distanzreiten kommt ursprünglich aus den U SA und wird auch in Europa und Australien, besonders jedoch in der arabischen Welt betrieben. In letzterer kommt es jedoch häufig zur Überlastung der Pferde, die bereits mehrmals zu Todesfällen führte.
In Frankreich ist die Jagd mit Hunden auf lebendes Wild vom Pferde aus bis heute erlaubt und beliebt. In anderen Ländern Europas dürfen nur mehr „unblutige“ Schleppjagten veranstaltet werden. Lediglich in den USA, Kanada und Australien gibt es noch ein Jagdreiten vorwiegend auf Füchse und Kojoten. In Frankreich befindet sich auch das äußerst sehenswerte lebende Museum über Pferde und Reiterei im Chateau de Chantilly nahe Paris. Frankreich leistet sich zur weltweiten Vermarktung seiner Pferdewirtschaft eine eigene Agentur, UNIC.
Ausgehend von Großbritannien fanden Polo-Wettkämpfe einen guten Nährboden in Europa. Da neben Deutschland auch in Frankreich, Spanien, Italien und der Schweiz Polo einen besonderen Stellenwert einnimmt, gehört Europa neben den USA und Argentinien zu den drei Schwergewichten dieses Sports. In Großbritannien sind darüber hinaus Geschicklichkeitsparcours, genannt Gymkhanas, besonders beliebt. Sonstige Geschicklichkeitsspiele, die sich besonders in Europa und den Ländern des früheren britischen Empires ausgebreitet haben sind Horseball (Basketball vom Pferd aus), Polocrosse (ein vereinfachtes Polo), Horseboarding (dabei wird ein Skateboarder über eine abgesteckte Strecke hinter dem Reiter hergezogen). Auf asiatische Reittraditionen geht das Tent Pegging (Reiter, die mit Lanzen Holzpflöcke aufspießen) und das Show-Reiten zurück. Ursprünglich in Südeuropa entwickelt und im Westernreiten der USA zur Blüte gebracht, bildet Working Equitation wettkampfmäßig die Arbeit berittener Hirten nach. Eine Besonderheit in Kroatien ist die sinjska alka, die im Wesentlichen dem norddeutschen Ringstechen entspricht. In Ungarn wird jährlich im August ein Festival der Reittradition des „hunnisch- und türkischen Bewusstseins“ veranstaltet, an dem Vertreter von mehr als zehn Nationen teilnehmen.
Erfreulich ist, dass immer mehr Wettkämpfe mit Jugendlichen und ihren Ponys in Form von Reiterspielen organisiert werden. Die Mounted Games Association organisiert diese Spiele im internationalen Bereich. Die Vorbereitungen dafür geben der grundsätzlich mühsamen Reitausbildung einen spielerischen Aspekt. Diese spielerische Herangehensweise ist deswegen von besonderer Bedeutung, um die persönlichkeitsbildende Wirkung der Reitausbildung wie Einfühlungsvermögen, Achtsamkeit, Durchhaltewillen, Konsequenz, nonverbale Kommunikation, Verantwortungsbewusstsein und Durchsetzungsvermögen sowie historisches Bewusstsein auch einer Spaß- und Fun- Generation vermitteln zu können.
Zunehmend beliebter werden Ritterturniere (Tjost, Jousting) und historische Reiterspiele, bei denen kostümierte Reiter Gefechte aus der Kriegsgeschichte nachspielen, oft verbunden mit akrobatischem Schaureiten, die mit Geschicklichkeitsspielen kombiniert werden.
Besondere Erwähnung gebührt den europäischen Voltigierern, wobei Deutschland die unangefochtene Spitze hält, aber im Verhältnis zum Gesamtumfang des Pferdesportes die Schweiz und Österreich außerordentliche Leistungen erbringen. Außerhalb Europas hat Voltigieren nur geringe Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt ähnliches auch für den Fahrsport, allerdings gewinnen immer mehr Gespanne aus Australien und den USA und brechen damit die bisherige Dominanz der Europäer, insbesondere jene der Ungarn.
Gruppe III: Schleppender Wiederaufbau in Russland und Vorderasien nach Verfall im Kommunismus
Von ehemals 36 Mio Pferden mit 50 Rassen hat sich die Population in Russland auf 1,9 Mio mit 14 Rassen reduziert. Ab 1991 lösten sich die, die Zucht dominierenden Staatsgestüte auf. Heute liegt Züchtung und Reitausbildung in privaten Händen, das staatliche Budget zur Förderung des Pferdewesens ist gering, die Reiterei steckt in einer tiefen Krise. Die wirtschaftliche Bedeutung ist insofern bemerkenswert, als viele Kleinbauern noch immer Pferde als Arbeitstiere dringend benötigen.
Gepflegt wird die Kosaken- und Dschigiten- Akrobatikreiterei, welche insbesondere durch russische Zirkusse bekannt wurde. Als Rasse berühmt sind die Don-Pferde und die von diesen abstammenden Budjonys. Es gibt zwar private Bemühungen zur Erhaltung gefährdeter Rassen, im berühmten Gestüt in Kirov werden allerdings zum Beispiel Trakehner gezüchtet, die aus Beutebeständen aus dem Zweiten Weltkrieg stammen. Eine besondere Eigenheit der Don-Pferde besteht darin, dass sich bei manchen das Fell durch einen besonderen Goldglanz auszeichnet. Ebenso Berühmt sind die Orlov-Traber unter anderem des Chrenowskoi-Gestüts bei Bobrow, wo auch die einzige Pferdewirtschaftsschule Russlands betrieben wird. Versucht wird derzeit auch eine Revitalisierung des Troika-Fahrens. In Moskau entwickelt sich eine berittene Gardeeskorte auf Trakehnern.
Alexander Nevzorov, ein Russe, vertritt eine Haute Ecole, die den gewaltlosen Umgang mit Pferden weltweit propagiert. Allerdings stellt er das Reiten selbst in Frage.
Die Situation in den anderen ehemaligen Sowjetstaaten ist ähnlich triste. In Kasachstan entwickelt sich Zucht und Reiterei langsam wieder. Die Kasachen, für die das Essen von Pferdefleisch und das Trinken von vergorener Stutenmilch zur täglichen Ernährung gehört, pflegen die berittene Jagd mit Greifvögeln. An traditionellen Festtagen sind Pferdespiele beliebt, wie zum Beispiel Baygas. Das sind Pferderennen für Jugendliche, bei denen es leider oft zu Todesfällen kommt. Als besondere Reiterspiele gibt es hier wie in Afghanistan das traditionelle Buzkashi, wobei zwei Mannschaften versuchen, eine tote Ziege in ihren Besitz zu bringen.
Turkmenistan, der Staat, der das Pferd im Wappen führt, ist berühmt für die Zucht von Achal-Tekkinern. Diese sehr alte, besonders widerstandsfähige und ausdauernde Rasse wurde zur Veredelung europäischer Warmblutrassen verwendet.
Im Iran gibt es zaghafte Anfänge einer Araberzucht, die von Frau Gottstein-Ghalavand, einer deutschen Pferdewirtschaftsmeisterin betrieben wird. Auch Polo und Pferderennen haben sich im geringen Ausmaß wieder etabliert.
Neuerdings erlebt das touristische Abenteuerreiten in Russland, Mongolei und Kirgisistan einen lebhaften Aufschwung.
Gruppe IV und V: Westernreiten und Pferderennen in Nordamerika, Reiturlaube in der Karibik, Charreria in Mexiko
Gemäß den Daten des American Horse Council gibt es in den USA ca. 7,2 Mio Reit- sowie 82 000 freilebende Pferde, die Mustangs. Das Schlachten zur Fleischgewinnung ist verboten. Von 1,8 Mio Pferdebesitzern sind 85% Freizeitreiter, etwa die Hälfte sind Westernreiter, lediglich 16% huldigen dem Englischen Reitstil. 1,74 Mio Menschen arbeiten im Bereich des Pferdewesens, das entspricht angeblich 460 000 Vollzeitäquivalenten, mit 122 Mrd Dollar Beitrag zum BNP.
Die überwiegend gezüchtete Rasse ist das, für das Westernreiten meistens verwendete Quater Horse, welches fast ¾ aller Pferde ausmacht, gefolgt vom Paint, mit etwa 12% des Bestandes, allerdings beide mit rückläufiger Tendenz.
Lexington im Bundesstaat Kentucky ist berühmt für die Zucht von Rennpferden aus Englischen Vollblütern (thoraghbread). Die Zucht stellt mehr als ¼ aller Rennpferde der Welt. Dieser Pferdetypus ist ein besonders leichter, auf baldige Siege gezüchtet, dadurch aber nicht oft einsetzbar. Den Rennsport dominieren die USA vor der EU, Südafrika, Hongkong, Singapore und Japan.
Beliebte Reitaktivitäten sind Rodeos. Es gibt mehrere Disziplinen, zum Beispiel der Barrel Race für Westernpferde, bei dem drei Metalltonnen umrundet werden müssen, ohne dass diese umfallen oder der Reiter seinen Hut verliert. Beim Break Away Calf Roping müssen Kälber eingefangen werden, bei Roughstock Events werden verwilderte Pferde geritten, wobei sich der Reiter mindestens 8 Sekunden auf dem Pferd halten muss.
Bei den olympischen Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit rangiert bei der Medaillenwertung die USA an fünfter Stelle nach Deutschland, Schweden, Frankreich und Großbritannien. Abart des Englischen Reitens ist der in den USA entwickelten Saddle Seat. Dabei sollen durch weites Zurücklehnen des Reiters ausdrucksstarke Gänge erreicht werden. Einen wichtigen Einfluss auf die Reitausbildung hat „The cavalry manual of horsemanship and horsemastership: the official manual of the United States Cavalry School at Fort Riley. Education of the rider” aus 1962.
Die Bedeutung des Reitsports in Kanada entspricht im Wesentlichen jener der USA. Allerdings ist insbesondere aus Hollywood-Filmen die Royal Canadian Mounted Police bekannt, wobei allerdings nur ein geringer Teil der Polizeikräfte beritten ist. Berittene Polizei ist weltweit nach wie vor ein Thema in vielen Staaten und steht zwischen den Interessen staatlicher Repräsentation, polizeilicher Effizienz, touristischen Interessen und Forderungen des Tierschutzes. Besonders die Diskussionen um den Erhalt bzw. die Wiedereinführung berittener Polizei in Deutschland und Österreich haben die hohe emotionale Bedeutung dieses Instruments von Repräsentanz und öffentlicher Ordnung dargelegt. Abgesehen von taktischen Kavallerieeinheiten der indischen Armee, Neuseelands oder Afghanistans bzw. kurzfristigen Auflagen militärischer Verwendungen von Pferden wie zum Beispiel 2015 durch Boko Haram im Norden Nigerias oder Ende der 1990-er Jahre beim Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze Österreichs dienen die wenigen berittenen militärische Einheiten vor allem der Repräsentation.
Die wunderschönen Strände und Küstengebiete der Karibik bieten eine hohe Attraktion für Reiterferien. Abgesehen davon haben diese Inseln für den Reitsport wenig Bedeutung.
Charreria, eine Art Rodeo in Mexiko, vereint nationale Identität, Tradition und Vergnügen. Es wurde zum offiziellen Nationalsport erkoren und wird auf Pferden geritten, die von Quater Horses und spanischen Pferdelinien abstammen.
Gruppe VI: Südamerika ist durch eine besonders hohe Verwendungsvielfalt von Pferden gekennzeichnet
Ein Viertel aller Pferde weltweit befinden sich in Südamerika.
Von den Südamerikanischen Staaten sticht Argentinien besonders hervor: es ist das Land der Gauchos, den berittenen Rinderhirten der Pampa und der Top-Polo Spieler. Auch der Anteil der meist ungenügend gepflegten Arbeitspferde ist sehr hoch. Das Land ist der größte Pferdefleischexporteur der Welt. Die Zucht und der Export von Polo-Pferden sowie die beliebten Pferderennen tragen wesentlich zur großen wirtschaftlichen Bedeutung der Pferdeindustrie bei. Das erste geklonte Pferd stammte aus Argentinien. Da die Verwendung geklonter Pferde beim Polo erlaubt ist, ist die Möglichkeit der Verwendung dieser Pferde in Argentinien besonders gegeben. Bisher wurden in zumindest sechs verschiedenen Staaten insgesamt etwa 400 Pferde geklont. Einigen Bekanntheitsgrad hierfür erreichten die Gentechnikfirmen ViaGen und Crestview Genetics in Texas bzw. Argentinien, Replica Farm bei New York oder Cryozootech in Frankreich.
Wer sich für die rasante Entwicklung des Klonens und ihre Ergebnisse interessiert, sei besonders auf die Webseite „http://www.publish.csiro.au/RD/RD17374“ verwiesen.
Die typische Südamerikanische Rasse ist der Criollo, eine Mischung aus, von Europa eingeführten Rassen. Touristisch bedeutsam ist das Angebot an Wanderritten. Ein ehemaliger Belgier, Paul Coudenys, leitet „Gaucho de Brasil“, ein Institut, welches Wanderritte in ganz Lateinamerika anbietet.
In Chile entwickelte sich Rodeo zu einem beliebten Volkssport.
Gruppe VII: Nordafrika und arabische Halbinsel, die Heimat der Berber, der Araber und des Distanzsports
Der Norden Afrikas ist die ursprüngliche Heimat der Pferderasse der Berber, der ältesten Zuchtrasse des Mittelmeerraumes. Auf sie gehen alle iberischen Züchtungen zurück.
Die Königliche Schule der Kavallerie in Temara, Marokko, ist die Heimat eines sehr berühmten Gestüts, unter anderem wurden hier auch Weltmeisterschaften im militärischen Reitsport ausgetragen. Pittoresk sind die Fantasia-Reiterspiele in Marokko, bei denen eine lange Reihe von Pferden eine Strecke von 200 m galoppiert und am Ende jeder Reiter möglichst gleichzeitig einen Schuss abgibt.
Bis heute blieb die Zucht der Araber-Pferde in den Gebieten des Maghreb bestimmend. Besondere Aushängeschilder sind die königlichen Gestüte in Saudi-Arabien und in Jordanien. Die jordanische Königsfamilie hat sich auf Langstrecken-Rennen spezialisiert, die Ausbildung ihrer Pferde liegt unter der Leitung der Spanierin Maite Melgosa Martinez. Allerdings musste im Jahre 2015 die FEI die Vereinigten Arabischen Emirate für die Sparte Distanzreiten wegen Verstößen gegen die Gesundheit der Pferde und das Reglement der FEI für fünf Monate ausschließen. Da alles, was für den Pferdesport benötigt wird, eingeführt werden muss, finden sich zahlreiche Pferde arabischer Eigner in europäischen und amerikanischen Gestüten. Die Meydan-Pferderennsportanlage in Dubai ist eine der größten und luxuriösesten der Welt. Hier findet jährlich der Dubai World Cup statt, das Rennen, bei dem die höchsten Preisgelder gezahlt werden.man sich auf Langstrecken- Ausbildung der Pferde zeichnet eine Frau verantwortlich, die Spanierin
Gruppe VIII: östliches Asien und Ozeanien, langsamer Aufschwung versus westliche Standards
In dieser Region sind es Japan und Australien, in denen der Pferdesport einige Bedeutung erlangt hat. In Japan wird neben der Pflege westlicher Reitsportarten und Pferderennen die historische und kulturelle Überlieferung des Pferdesports besonders gepflegt: Yabusame, ein religiös-ritueller Wettkampf aus der Samurai- Tradition (Bogenschießen im Galopp), Bajutsu, Kampftechniken zu Pferd aus der Tradition der japanischen Kavallerie mit Ableitungen aus dem Zen-Budhismus, Pferderennen von Kamo, ein rituelles Pferderennen mit der Bedeutung, dass die Hufe der Pferde durch das Rennen die Fruchtbarkeit der Erde erhöhen sollen. Bei den einheimischen Pferderassen handelt es sich um Ponys verschiedener asiatischer Herkunft. Sie sind jedoch für den Sport westlicher Prägung ohne Bedeutung.
Die Entwicklung des Pferdewesens in China ist langsam und stetig, wobei reiche Unternehmer europäische Standards für reiche Chinesen zur Verfügung stellen. Derzeit operieren Lobbyisten der Reitsportindustrie diverser europäischer Staaten in China, um der steigenden Nachfrage ihre Dienste anzubieten und am zukunftsträchtigen Markt zu verdienen. Soweit sich nach 1949, dem generellen Verbot des Pferdesports und der Rennwetten in China einheimische Pferde erhalten haben, werden sie als Arbeitstiere verwendet. Ein neu gegründetes Kulturmuseum über Pferdewesen, in dem auch lebende Pferde gehalten werden, gibt es in Jiangyin nahe Schanghai.
Mongolische Pferderennen sind eines der drei Hauptattraktionen des Naadam- Festivals. Die mongolischen Rassen zeichnen sich durch die weltweit höchste genetische Vielfalt aus.
In Indien erwies sich der Galopprennsport als besonderes Phänomen: in den letzten 50 Jahren hielten sich die jährlichen Umsatzzuwächse bei 35%. Die Folge war ausufernde Korruption und eine Überhitzung des Systems mit rapide fallenden Gewinnen. Derzeit wird versucht den Rennsport wieder auf gesunde Grundlagen zu stellen. Die lokale Rasse der Marawi ist zäh und belastbar, ihr spezielles Kennzeichen sind Sichelohren. Es gilt ein Einfuhrverbot in die EU, da auch in Indien die Afrikanische Pferdepest auftritt. Als lokale Dressurlektion hat sich in Indien und Pakistan der sogenannte „Pferdetanz“ ausgebildet. Dabei wird das Pferd angehalten, verschiedene Gangarten möglichst auf der Stelle auszuführen. Sonderformen dieser Dressur finden sich bis in den arabischen Raum.
Australien zeichnet sich durch eine besondere Tradition im Distanzreiten aus. Es wird Warmblut speziell für diese Disziplin gezüchtet, die Tiere werden regelmäßig nach Europa und in den mittleren Osten exportiert. Daher findet auch der berühmteste Wettkampf, der Tom Qulity, in Australien statt. Angaben zur Anzahl der Pferde in Australien schwanken zwischen 900.000 und 1,8 Millionen bei etwa 400.000 Pferdebesitzern.
Die „Thoroughbred Industry“ in Neuseeland erwirtschaftet 0,34% des Bruttoinlandprodukts. „Shuttle“-Deckhengste absolvieren jährlich zwei Decksaisonen: Sie wechseln dabei von der nördlichen zur südlichen Hemisphäre, also zwischen einem Deckeinsatz im Frühjahr in Europa oder in den USA und dem späteren Deckeinsatz in Australien oder Neuseeland. Der erste sehr erfolgreiche Shuttle-Hengst war „Danehill“1989 in Australien. Zuvor galten Neuseeland und Australien nur als „Abstellplatz“ nicht mehr sehr gefragter Hengste aus Europa und den USA.
Gruppe IX: südliches Afrika, farbenprächtige Traditionen in der Sahelzone, Galopprennsport an der Südspitze
Die heute im Großteil Afrikas verwendeten Pferde sind relativ klein und gehen in ihrem Ursprung auf die fast ausgestorbene Rasse der Dongola-Pferde zurück. Weder Zucht noch Reiterei sind mit Ausnahme von Südafrika von besonderer Bedeutung. Dagegen werden vermehrt Freiwilligenarbeit und Auslandspraktika auch auf Pferdefarmen beworben. Als besonders farbenprächtig gilt das im Norden Nigerias ausgerichtete Hausa Durban Festival hAWAN sALLAH. Im Jahre 2015 haben die nigerianischen Behörden jedoch den Einsatz von Pferden im Nordosten des Landes verboten, da die Kämpfer von Boko Haram sich wegen Treibstoffmangels in berittene Einheiten umgewandelt haben.
In der Wüste Namibias finden sich Namibs, verwilderte deutsche Pferde aus Kolonialzeiten.
Der Reitsport und die Pferdezucht in Südafrika lassen sich mit westlichen Standards vergleichen, es dominiert jedoch der Galopprennsport.
Zum Autor: Brigadier i.R. Dr.jur. Viktor Horatczuk, geboren 1957, ist Offizier des österreichischen Bundesheeres. Er war mehrjähriger Vizepräsident des österreichischen Verbandes Moderner Fünfkampf. Seine Karriere als Reiter begann mit 5 Jahren im nachbarlichen Reitstall, führte über eine dreijährige Ausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt zur aktiven Mitgliedschaft in einem britischen Polo-Club.
Viktor Horatczuk ist Vater von drei Kindern und wohnt in Wien