Gedanken zur Corona-Krise und zu Verschwörungstheorien

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Elvis. Quelle: Pixabay, Foto: No-longer-here

Berlin, Deutschland (Salon Philosophique). Am 8. Januar 2020 hätte Elvis Presley (1935-1977) seinen 85. Geburtstag feiern können, würde er noch leben. Er der Rock’n’Roll-Gott verstarb im Lebensalter von nur 42 Jahren an einem plötzlichen Herztod. Die Geldmaschine Presley ist allerdings nach wie vor höchst lebendig. 

Wilde Spekulationen: Lebt Elvis Presley noch?

„Bereits einen Tag nach dem offiziellen Tod habe man ihn in einem Reisebüro in Memphis gesehen, wo er unter dem Namen John Burrows ein One-Way-Ticket nach Buenos Aires in Argentinien gebucht habe“, heißt es in „Süddeutsche Zeitung“. Andere wiederum wollen den Musiker in einer argentinischen Strandbar gesehen haben, in Gesellschaft von Kurt Cobain (Selbstmord 1994) und dem Rapper Tupac (erschossen 1996). Andere behaupten, der King of Rock ’n‘ Roll sei des Luxuslebens in Graceland überdrüssig geworden und habe seinen Tod vorgetäuscht, um eine Existenz in aller Bescheidenheit zu führen. Presley hatte sich schon lange vor 1977 auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurückgezogen und für seine Auftritte einen erstklassigen Imitator engagiert. Dieser sei 1977 gestorben, der richtige Elvis Presley lebe aber immer noch versteckt in einem Pflegeheim in Texas.

Es gibt sogar Männer und Frauen, die behaupten, dass Presley längst nicht mehr auf der Erde weilt. Er sei 1969 mit der NASA zum Mond geflogen.

Und dann diese These: Presley sei in Wahrheit überhaupt kein Mensch gewesen, sondern ein Alien vom Mars. Nach seinem Aufenthalt auf der Erde sei er zu seinem Heimatplaneten zurückgekehrt.

Elvis Presley sei 1977 nur auf eine Zeitreise gegangen und würde spätestens 2033 wieder auftauchen. Er dürfte dann 98 Jahre „jung“ sein, immer noch den alten Hüftschwung haben, möglicherweise aber den komplizierten Text von „Tutti Frutti“ vergessen: „A-bop-bop-a-loom-op a-lop-bop-boom!“

Corona

Es gibt unter den Coronalügnern und den Coronaleugnern Querdenker und Geradeausdenker, Linke und Rechte und solche, welche dazwischen sind, in der Mitte. Ich habe keine Lust mehr, mir diese Aussagen von Leuten anzuhören, die alles besser wissen. Früher waren das die Besserwessis, heute sitzen sie überall.

Ich würde mich selbst eher mittelinks verorten und gebe zu: Ich weiß nicht, was im Moment richtig ist. Ich weiß aber, dass ich Angst habe, mich mit Corona zu infizieren, denn nach einer schweren Lungenentzündung, an der ich fast gestorben wäre, gehöre ich zu einer Risikogruppe mit einer Autoimmunerkrankung. Unter dem Lockdown fühle ich mich sehr stark eingeschränkt, aber mehr noch durch die Besserwisser, die ohne Maske rumlaufen und Feste feiern oder den gewaltbereiten Schlägern ohne Maske, denen ich in der S-Bahn ausgeliefert bin als Mensch mit Zivilcourage.

Dass in manchen Gegenden die Rate der Coronainfizierten und Toten sehr hoch ist, das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass viele Ostdeutsche durch ihre Geschichte bedingt dem Staat gegenüber grundsätzlich misstrauen. Helmut Kohl hatte den Ossis blühende Landschaften versprochen. Das war eine Lüge, auf die viele reingefallen sind. Als Besserwessi habe ich das damals schon erkannt, aber es gab nur wenige Politiker im Westen wie Oskar Lafontaine, die es gewagt haben, den großdeutschen Traum in Frage zu stellen.

Misstrauen gegen Politiker ist auch im kapitalistischen Deutschland nach der Wende berechtigt. Opportunisten gab es auch im realen Sozialismus – Menschen also, denen ihre politische Karriere wichtiger als das Gemeinwohl waren. Diese Opportunisten gibt es in allen Parteien im Bundestag und in allen Bereichen in Betrieben, in der Wirtschaft und selbst in den freien Gewerkschaften, die wir zum Glück noch haben. Opportunismus ist anscheinend ein Virus, der im Menschen schon genetisch vorhanden ist.

Noch mehr Angst als vor Corona habe ich vor der drohenden Umweltkatastrophe, die ich in unseren Breitengraden wahrscheinlich nicht mehr erleben werde, aber ich kann sie schon jetzt sehen und dass wir mit einer Völkerwanderung konfrontiert sind, die wir anscheinend nicht aufhalten können.

Einigermaßen realistisch erscheint mir, dass es möglich wäre, in einer gemeinwohlorientierten Gesellschaft eines kooperativen Kapitalismus, eine Lösung zu finden, wo bestimmte Bereiche verstaatlicht werden.

Wenn ich aber sehe, wie ein machthungriger Narzist in der USA gegen alle demokratischen Regeln verstoßen kann und ein konservativer Politiker wie Joe Biden als Kommunist verteufelt wird, wird mir bewusst, dass auch in einem Land wie Deutschland, das eigentlich durch seine eigene Geschichte aufgerüttelt sein sollte, der Ruf nach einem starken Mann sich letztlich durchsetzen könnte, wenn es uns in naher Zukunft wirklich dreckig gehen sollte.

Gut, wenn man dann noch Platten von Elvis Presley auflegen kann.

Anmerkung:

Der Beitrag wurde im WELTEXPRESS am 6. Januar 2021 erstveröffentlicht.