Dillenburg, Wiesbaden, Deutschland (Salon Philosophique). Das Hessische Landgestüt Dillenburg soll geschlossen werden, weil die schwarz-grüne Landesregierung der Meinung ist, dass es nicht den tierschutzrelevanten Maßstäben genügt.
Die Pferde werden in Boxen, z. T. mit Paddock, gehalten. Eine artgerechte Haltung kann allerdings nicht gewährleistet werden.
Was ist eine artgerechte Haltung?
Das Landesgestüt war einst das Hofgestüt der Fürsten von Oranien-Nassau, das einzige Grünland ist in der Nachbarschaft ein Biergarten.
Mittlerweile ist aber bekannt, dass Pferde Herdentiere sind und in der Nacht 25 km und mehr laufen. Boxenhaltung ist vergleichbar mit Isolationsfolter. Darüber sind sich Tierärzte und Horsemen weltweit einig und an mehreren Stellen in den Ethischen Grundsätzen der FN (Breido Graf zu Rantzau, Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN) wird darauf hingewiesen:
Die Boxenhaltung ohne oder mit Paddock ist nicht nur im Vorzeige-Stall Dillenburg die Regel, sondern in vielen Reiterhöfen, selbst auf dem Lande, wo Platz zur Verfügung stehen könnte. Diese Höfe werden oft von der FN zertifiziert.
Gesunde Pferde brauchen im ganzen Jahr rund um die Uhr genügend Auslauf
Es stellt sich die Frage: „Woran scheitert das“?
Es sind weniger die lokalen Bedingungen, denn Reiterhöfe könnten Weideland pachten, tun es aber nicht.
Warum?
Das Gesetz von Angebot und Nachfrage ist bestimmend.
Die Massentierhaltung ist im Grunde ein vergleichbares Problem, nur dass bei den Pferden die Einzeltierhaltung tierschutzrelevant wird.
Wenn die Verbraucher kein Fleisch mehr kaufen würden aus Massentierhaltung, wäre eine politische Regelung möglich. Da die fleischverzehrende Mehrheit in unserem Land aber kein persönliches Verhältnis hat zu den verstümmelten Hühnern und gemästeten Gänsen, zu Schweinen als Gebärmaschinen und Milchkühen, die nie eine Wiese gesehen haben, kann man das Leid der Tiere leicht verdrängen.
Viele Besitzer von Pferden haben, im Gegenteil, eine besonders intime Beziehung zu ihrem Pferd, wobei das Phänomen der „Vermenschlichung“ entsteht.
– Pferde sollen nachts in der Box geschützt werden vor anderen Pferden und perversen nächtlichen Pferdestechern.
– Pferde könnten Giftpflanzen fressen auf der Weide , obwohl sie in 34 Millionen Jahren gelernt haben, was für sie giftig ist.
– Pferde brauchen Ruhe in der Nacht, weil sie angeblich so hart arbeiten müssen, oft nicht viel mehr als drei Stunden/Woche.
– Pferde brauchen Decken (5 Decken und mehr für die verschiedenen Jahreszeiten), weil der Mensch denkt, sie würde frieren.
– Pferde werden mit Gebiss, Kandare und Hilfszügeln quasi gefesselt, um sie in eine Form zu zwängen, aus einer naiven menschlichen Vorstellung von Bewegungslernen, die sie bei sich selbst ablehnen würden, wenn sie im Sport Erfahrung hätten.
– Pferde werden mit Eisen an den Hufen beschlagen mit der Vorstellung, dass es ein Schutz sei oder als wären Pferde mit Eisen geboren (es freuen sich die Hufschmiede).
Die Liste der Vermenschlichungen lässt sich leicht erweitern, die der Gesundheit des Pferdes abträglich ist. Tierärzte wissen das, aber leben in dem Widerspruch, dass sie von der Krankheit der Tiere leben, die sie heilen sollen.
In einem Artikel von Eva Krafczyk in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung „Wie aus einem Pferderoman“ vom 9. Juli 2017 und in der Frankfurter Rundschau „Ärger im Gestüt Dillenburg“ vom 10. Juli 2017 werden die politischen Hintergründe der schwarz-grünen Regierung angedeutet.
„Endlich“ – könnte man denken als Sympathisant grüner Politik, wenn da nicht das Problem in Frankfurt wäre mit der Rennbahn, wo keine der Parteien im Stadtrat offen das Problem anspricht, nämlich den Missbrauch der Pferde, der im Rennsport um ein Vielfaches größer ist als in Dillenburg. Einzelne Grüne und Vertreter anderer Parteien sehen persönlich das Problem durchaus.
Eine offizielle Maßnahme der schwarz-grünen Landesregierung zum Schutze der Pferde, wo die Veterinärämter anscheinend versagen, ist deshalb um so spannender und lässt hoffen, dass nicht nur bei den Grünen, sondern auch bei der CDU ein Funken von Empathie vorhanden ist.
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Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 9. Juli und Frankfurter Rundschau vom 10. Juli 2017